Am Montag, den 28. April, war die Europaparlaments-Abgeordnete Jutta Steinruck zu Gast in Lambrecht. Bei einer Veranstaltung des SPD-Ortsvereins Lambrecht unter dem Titel „Treffpunkt Europa“ informierte sie über aktuelle europapolitische Themen. Dabei ging sie auch auf zahlreiche kritische Fragen ein und befasste sich ganz besonders mit der oft negativen öffentlichen Wahrnehmung der Europapolitik.
Viele Menschen brächten Europa mit Bürokratie und Überregulierung in Verbindung. Viele der Ansätze, die hier kritisiert würden, verfolgten jedoch positive Interessen für Verbraucher. So seien Verordnungen, die sicherstellen, dass etwa Glühbirnen oder Kaffeemaschinen künftig weniger Strom verbrauchten oder Duschköpfe weniger Wasser, keine Bevormundung, sondern sollten vielmehr Unterstützung bieten.
Die EU bemühe sich mittlerweile auch ganz offiziell um Bürokratieabbau. Aber für manche bedeute Bürokratieabbau leider nichts Anderes als weniger Arbeits- und Gesundheitsschutz. Bei vielen der als bürokratisch kritisierten Verordnungen handle es sich um wichtige Errungenschaften, mit denen erreicht worden sei, dass Menschen in Europa heute andere Arbeitsbedingungen haben als etwa die Menschen in Kambodscha oder Bangladesch. Ein österreichischer Kollege habe gewollt, dass kleine und mittelständische Betriebe grundsätzlich von den „Hürden“ des Arbeits- und Gesundheitsschutzes befreit würden, berichtete Jutta Steinruck. Für zwei Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte dies eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeutet. Arbeits- und Gesundheitsschutz seien zu wertvoll, um sie zu opfern, nur damit am Ende noch größere Gewinne herauskämen, so Steinruck.
Steinruck wies auch darauf hin, dass vielen die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament gar nicht bekannt seien. Für viele seien das einfach nur „die in Brüssel“, und ebenso pauschal werde dann Europa als Ganzes in Frage gestellt. „Wir stellen doch auch Deutschland nicht in Frage, nur weil uns die Regierung nicht passt!“, so Steinruck. Wenn Menschen mit Europa unzufrieden seien, sollten sie einfach schauen, wer regiert, und die jetzigen Mehrheiten abwählen. Konservative, Wirtschaftsliberale und Europagegner bildeten derzeit eine Zweidrittelmehrheit im Europäischen Parlament. Dieser Mehrheit sei es zuzuschreiben, dass im Europäischen Parlament ernsthaft über die Privatisierung des Wassers diskutiert worden sei. Unter anderem dank einer Bürgerinitiative, die maßgeblich von der SPD und von Gewerkschaften mit initiiert worden sei, sei dieser Vorschlag nun vom Tisch, betonte Steinruck.
Ein weiteres kontroverses Thema, das derzeit diskutiert werde, sei das Transatlantische Freihandelsabkommen, dem Kritiker unter anderem vorwerfen, deutsche Lebensmittelgesetze und Gesundheitsstandards auszuhöhlen. Steinruck betonte, dass die SPD hier klar Position bezogen habe: Wenn das Abkommen nicht mit geltenden Gesetzen und Standards vereinbar sei, werde man es ablehnen. Die derzeitige konservativ-wirtschaftsliberale Mehrheit wolle jedoch das Abkommen.
Auch deshalb rief sie mit Nachdruck dazu auf, am 25. Mai zur Europawahl zu gehen und dazu beizutragen, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament ändern und Europa sozialer werden kann.